Freitag, 7. März 2008
Sie brachten den Frieden
Freitag, 07. März 2008
Ich rannte durch die kleinen Gässchen unseres Viertels. Ich rannte und rannte so schnell ich konnte, ich durfte einfach nicht zu spät kommen. Der kalte Wind peitsche mir ins Gesicht und meine Augen fingen an zu tränen, aber ich durfte einfach nicht zu spät kommen. Endlich kam ich bei unserem Haus an, schon draußen konnte ich gedämpft verschiedene Stimmen hören, die sich eifrig unterhielten: ich war zu spät. Ich nahm einmal tief Luft und öffnete die Tür.
Da saßen sie alle. Die ganze Verwandtschaft war aus allen Teilen des Landes zu Besuch und trank gerade Tee zusammen. Höflich verbeugte ich mich und begrüßte meine Onkel und Tanten so wie es die Sitte verlangte. Ich ließ mir nichts anmerken, aber in mir stieg dieses panische Gefühl auf, denn alle Plätze waren besetzt, bis auf... „Aito-chan, du kannst dich neben deinen Onkel Sikora setzen.“ Ich blickte schluckend auf meinen Onkel aus Hiroshima. Schon vor dem Öffnen der Tür war mir klar gewesen, dass nur dieser Platz frei sein konnte.
Mein Onkel hatte ein absolut entstelltes Gesicht, die Haut schien in Fetzen herabzuhängen und ich hatte immer Angst, dass sie gleich abfallen würde. Außerdem hatte er einen übelriechenden Körpergeruch, der mir sofort meinen Mageninhalt in den Mund trieb. Ich lächelte meine Mutter an und setzte mich artig neben meinen Onkel. Er blickte mir in die Augen und sagte irgendetwas zu mir, was ich nicht verstehen konnte. Ich denke er hatte das freundlich gemeint, mir jedoch kam es vor, als spreche eine wiederauferstandene, halbverweste Leiche zu mir. Ich erwiderte diese Geste mit einem Lächeln. Der Schweiß floss in Strömen meinen Rücken hinab. Es kostete wahnsinnig viel Kraft, nicht einfach aufzustehen und weit wegzurennen.
Um mich abzulenken versuchte ich das Gespräch meiner Gegenüber aufzuschnappen, um mich vielleicht einmischen zu können. Aber mein Onkel tippte mir auf die Schulter und deutete auf seine leere Tasse. Ich schenkte ihm sofort Tee ein und wollte mich erneut von ihm abwenden, als er zu mir in absolut klarer Sprache sagte: „Komm näher mein Kind, ich will dir etwas erzählen.“ Im ersten Moment war ich zu irritiert um etwas anderes zu tun, als ihn anzustarren. Ich fragte mich, warum er plötzlich so klar und verständlich sprach. Ich rückte näher, aber nicht zu nahe. Ich merkte wie der Geruch des Todes immer intensiver wurde. Mir wurde schlecht, aber tapfer blickte ich ihm in die Augen und lauschte seinen Worten. „Ich kann sehen, dass ich auf dich abschreckend erscheine. Ich bin nicht mehr ich, das sehe ich jeden Tag selbst im Spiegel. Angewidert wende ich mich dann wieder ab, träume von alten Zeiten, in denen alles noch in Ordnung war. Du kannst es dir vielleicht nicht vorstellen, aber ich war einmal ein genauso stattlicher Mann wie dein älterer Bruder. Bis die Amerikaner kamen und ihre Engel des Todes auf unsere Stadt schickten. Das war an einem wundervollen, heißen Sommertag. Und es war mein erster freier Tag seit langem. Im Krieg arbeitete ich in einer Fabrik, welche Patronenhülsen herstellte. Im Krieg musste jeder etwas für das Wohl des Staates tun. Aber an diesem Tag hatte ich frei und blieb zu Hause. Ein prächtiges Haus ein paar Kilometer vom Stadtkern entfernt. Meine Frau hatte leider nicht frei.“ Sikora schluckte tief und ich fühlte, dass er litt. Ich fragte mich, warum er mir das erzählte, hörte ihm aber weiterhin zu.
„Nachdem ich mich von ihr verabschiedet hatte, kniete ich einfach nur in unserem Garten und lauschte den Vögeln. Sie sangen wunderbar und seit langem fühlte ich mich wieder frei. Ich atmete tief den Duft der Blumen ein, ich beobachtete vergnügt das Schauspiel der zwei Eichhörnchen, die sich von Baum zu Baum hüpfend um eine Nuss stritten. Mal hatte das eine Hörnchen die Nuss, bis das andere wutentbrannt auf es draufsprang und ihm die Nuss stibitzte. Dann hörte ich es, wieder einmal der Lärm eines Flugzeuges. Sie waren in den letzten Tagen häufiger da gewesen. Ich ging ins Haus, um zu hören, was das Radio zu sagen hatte. Ich wollte es gerade einschalten, als ich einen heftigen Knall hörte. Das letzte was ich sah, war eine grelle Lichterscheinung, dann warf ich mich eine Druckwelle zu Boden und ich spürte, wie eine ungeheure Hitze die Kleidung in meine Haut brannte. Das war das Schlimmste, was ich jemals erlebt hatte. Als ich nach einiger Zeit aufblickte, konnte ich durch das Fenster eine riesige Wolke erkennen, so ungeheuer riesig das ich das Ende im Himmel nicht sehen konnte. Eine Wolke so schwarz wie die Nacht. Es war schrecklich. Ich richtete mich auf, um das Radio einzuschalten, doch ich konnte nichts hören, außer einem Knistern. Alles tat mir weh. Ich hörte Geschrei draußen auf den Straßen, der Geschrei ungeheuren Schmerzes. Geschrei so grell, das es mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ich stand da wie gelähmt, wusste nicht, was zu tun war. Ich blickte panisch umher. Was war nur geschehen? Ich konnte es mir nicht erklären. Als ich hinaus auf die Straßen blickte, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ein Kind starrte mich an, sah mir direkt in die Augen. Der Anblick war grauenhaft. Die Haut, sie schien sich zu einem Brei verwandelt zu haben, sie hing jetzt lose herab. Ich konnte an manchen Stellen das rosa Fleisch und die Knochen erkennen. Durch die Finsternis, die sich über die Stadt gelegt hatte und kein Sonnenlicht mehr auf die Erde hinab ließ, kamen mehr Menschen.“
Er machte eine kurze Pause und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Erst jetzt merkte ich, dass ich wieder ich selbst war. Die ganze Zeit schien es mir, als blickte ich selbst über die Trümmer der Stadt und über all das Elend. Schon lange hatte ich meinen Ekel vergessen und lauschte gebannt seinen Worten „Aus dem Schatten der Stadt kamen mehr Menschen. Auch sie sahen einfach nur grauenhaft aus. Manchen waren die Augen so geschwollen, dass sie nichts mehr sahen und sich an andere Menschen festkrallten, um nicht verloren zu gehen. Sie flehten, sie schluchzten und sie weinten. Ich kann das ganze Elend nicht beschreiben, da es zu schrecklich ist. Ich bekomme heute noch manchmal Alpträume, in denen ich diese jämmerlichen Gestalten sehe, die sich mir nähern und ihre Augen sind so leer, eine Leere, die jeden in einer ungeheure Trauer versetzt. Ich wache auf, schweißgebadet und merke, dass meine Augen feucht sind.. Ich konnte ihren Anblick nicht ertragen. Sie kamen in mein Haus und ich versuchte sie so gut wie möglich zu versorgen. Ich reinigte ihre Wunden, aus denen dicker, gelblicher Eiter quoll und ich versuchte ihnen Mut zuzusprechen. Als ich mir endlich eine kleine Pause gönnen konnte, dachte ich an meine Frau, die in einem Krankenhaus in der Innenstadt arbeitete. Ich wusste, dass sie tot war.“
Tränen quollen langsam seine Wangen herab und auch ich merkte, wie ich langsam mit den Tränen kämpfte. So etwas grausames hatte ich noch nie gehört. „Ich wusste, dass sie das nicht überleben hatte können. Ich fühlte mich so einsam, eine schwarze Trauer nahm mir die Luft zum Atmen. Ich hasste diese Momente, in denen ich mich nicht in die Arbeit stürzen konnte, in denen ich nicht der anderen Leid lindern konnte, um das meine zu vergessen. Noch viele Monate versorgte ich die Kranken in meinem Haus. Ein übler Geruch hatte sich festgesetzt, der Tod schien zu Besuch. Ich erlebte viele Tode mit, ich war wie paralysiert. Kleine Jungen und Mädchen, die wimmernd und kämpfend versuchten zu atmen, bis auch bei ihnen die Kraft nachließ und sie der Tod umarmte.
Am 15. August erklärte der Tenno, unser Kaiser, die bedingungslose Kapitulation im Radio. Und auch hörte ich, dass das Schicksal unserer Stadt auch noch Nagasaki heimgesucht hatte. Diese Bomben der Amerikaner hatten den Krieg beendet. Der Krieg war beendet, aber auf welche Weise! Ich kann bis heute nicht verstehen, wie jemand solch grässliche Waffen einsetzen konnte. Die Amerikaner hatten Frieden durch Gewalt gebracht. Ist das die richtige Lösung? Sie haben hunderttausende von Zivilisten getötet und Familien zerstört. Und auch an mir kann man die Folgen der Bombe erkennen. Schau mich an! Ich bin ein Monster ein Wrack, ein Schatten meiner selbst, wir werden abfällig Hibakusha genannt und keiner will etwas mit uns zu tun haben.“ Seine melancholische Stimmung war in Wut umgekehrt. „Deine Mutter ist die einzige, die mich nicht vergisst und die mich noch einlädt. Diese Treffen hier sind die einzigen Lichblicke in meinem tristen Leben. Denn seitdem meine Frau aufgehört hat zu sein, fühle auch ich, dass ich innerlich aufgefressen bin und mein Körper einfach nur noch funktioniert.“ Er hatte seine Geschichte beendet.
Eine Stille hatte sich über den Raum gelegt und jeder starrte Sakura-san an. Einige hatten bei seinen letzten Worten beschämt auf den Boden geblickt. Und ich kann bis heute dieses unglaubliche Verbrechen nicht verstehen.
Da saßen sie alle. Die ganze Verwandtschaft war aus allen Teilen des Landes zu Besuch und trank gerade Tee zusammen. Höflich verbeugte ich mich und begrüßte meine Onkel und Tanten so wie es die Sitte verlangte. Ich ließ mir nichts anmerken, aber in mir stieg dieses panische Gefühl auf, denn alle Plätze waren besetzt, bis auf... „Aito-chan, du kannst dich neben deinen Onkel Sikora setzen.“ Ich blickte schluckend auf meinen Onkel aus Hiroshima. Schon vor dem Öffnen der Tür war mir klar gewesen, dass nur dieser Platz frei sein konnte.
Mein Onkel hatte ein absolut entstelltes Gesicht, die Haut schien in Fetzen herabzuhängen und ich hatte immer Angst, dass sie gleich abfallen würde. Außerdem hatte er einen übelriechenden Körpergeruch, der mir sofort meinen Mageninhalt in den Mund trieb. Ich lächelte meine Mutter an und setzte mich artig neben meinen Onkel. Er blickte mir in die Augen und sagte irgendetwas zu mir, was ich nicht verstehen konnte. Ich denke er hatte das freundlich gemeint, mir jedoch kam es vor, als spreche eine wiederauferstandene, halbverweste Leiche zu mir. Ich erwiderte diese Geste mit einem Lächeln. Der Schweiß floss in Strömen meinen Rücken hinab. Es kostete wahnsinnig viel Kraft, nicht einfach aufzustehen und weit wegzurennen.
Um mich abzulenken versuchte ich das Gespräch meiner Gegenüber aufzuschnappen, um mich vielleicht einmischen zu können. Aber mein Onkel tippte mir auf die Schulter und deutete auf seine leere Tasse. Ich schenkte ihm sofort Tee ein und wollte mich erneut von ihm abwenden, als er zu mir in absolut klarer Sprache sagte: „Komm näher mein Kind, ich will dir etwas erzählen.“ Im ersten Moment war ich zu irritiert um etwas anderes zu tun, als ihn anzustarren. Ich fragte mich, warum er plötzlich so klar und verständlich sprach. Ich rückte näher, aber nicht zu nahe. Ich merkte wie der Geruch des Todes immer intensiver wurde. Mir wurde schlecht, aber tapfer blickte ich ihm in die Augen und lauschte seinen Worten. „Ich kann sehen, dass ich auf dich abschreckend erscheine. Ich bin nicht mehr ich, das sehe ich jeden Tag selbst im Spiegel. Angewidert wende ich mich dann wieder ab, träume von alten Zeiten, in denen alles noch in Ordnung war. Du kannst es dir vielleicht nicht vorstellen, aber ich war einmal ein genauso stattlicher Mann wie dein älterer Bruder. Bis die Amerikaner kamen und ihre Engel des Todes auf unsere Stadt schickten. Das war an einem wundervollen, heißen Sommertag. Und es war mein erster freier Tag seit langem. Im Krieg arbeitete ich in einer Fabrik, welche Patronenhülsen herstellte. Im Krieg musste jeder etwas für das Wohl des Staates tun. Aber an diesem Tag hatte ich frei und blieb zu Hause. Ein prächtiges Haus ein paar Kilometer vom Stadtkern entfernt. Meine Frau hatte leider nicht frei.“ Sikora schluckte tief und ich fühlte, dass er litt. Ich fragte mich, warum er mir das erzählte, hörte ihm aber weiterhin zu.
„Nachdem ich mich von ihr verabschiedet hatte, kniete ich einfach nur in unserem Garten und lauschte den Vögeln. Sie sangen wunderbar und seit langem fühlte ich mich wieder frei. Ich atmete tief den Duft der Blumen ein, ich beobachtete vergnügt das Schauspiel der zwei Eichhörnchen, die sich von Baum zu Baum hüpfend um eine Nuss stritten. Mal hatte das eine Hörnchen die Nuss, bis das andere wutentbrannt auf es draufsprang und ihm die Nuss stibitzte. Dann hörte ich es, wieder einmal der Lärm eines Flugzeuges. Sie waren in den letzten Tagen häufiger da gewesen. Ich ging ins Haus, um zu hören, was das Radio zu sagen hatte. Ich wollte es gerade einschalten, als ich einen heftigen Knall hörte. Das letzte was ich sah, war eine grelle Lichterscheinung, dann warf ich mich eine Druckwelle zu Boden und ich spürte, wie eine ungeheure Hitze die Kleidung in meine Haut brannte. Das war das Schlimmste, was ich jemals erlebt hatte. Als ich nach einiger Zeit aufblickte, konnte ich durch das Fenster eine riesige Wolke erkennen, so ungeheuer riesig das ich das Ende im Himmel nicht sehen konnte. Eine Wolke so schwarz wie die Nacht. Es war schrecklich. Ich richtete mich auf, um das Radio einzuschalten, doch ich konnte nichts hören, außer einem Knistern. Alles tat mir weh. Ich hörte Geschrei draußen auf den Straßen, der Geschrei ungeheuren Schmerzes. Geschrei so grell, das es mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ich stand da wie gelähmt, wusste nicht, was zu tun war. Ich blickte panisch umher. Was war nur geschehen? Ich konnte es mir nicht erklären. Als ich hinaus auf die Straßen blickte, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ein Kind starrte mich an, sah mir direkt in die Augen. Der Anblick war grauenhaft. Die Haut, sie schien sich zu einem Brei verwandelt zu haben, sie hing jetzt lose herab. Ich konnte an manchen Stellen das rosa Fleisch und die Knochen erkennen. Durch die Finsternis, die sich über die Stadt gelegt hatte und kein Sonnenlicht mehr auf die Erde hinab ließ, kamen mehr Menschen.“
Er machte eine kurze Pause und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Erst jetzt merkte ich, dass ich wieder ich selbst war. Die ganze Zeit schien es mir, als blickte ich selbst über die Trümmer der Stadt und über all das Elend. Schon lange hatte ich meinen Ekel vergessen und lauschte gebannt seinen Worten „Aus dem Schatten der Stadt kamen mehr Menschen. Auch sie sahen einfach nur grauenhaft aus. Manchen waren die Augen so geschwollen, dass sie nichts mehr sahen und sich an andere Menschen festkrallten, um nicht verloren zu gehen. Sie flehten, sie schluchzten und sie weinten. Ich kann das ganze Elend nicht beschreiben, da es zu schrecklich ist. Ich bekomme heute noch manchmal Alpträume, in denen ich diese jämmerlichen Gestalten sehe, die sich mir nähern und ihre Augen sind so leer, eine Leere, die jeden in einer ungeheure Trauer versetzt. Ich wache auf, schweißgebadet und merke, dass meine Augen feucht sind.. Ich konnte ihren Anblick nicht ertragen. Sie kamen in mein Haus und ich versuchte sie so gut wie möglich zu versorgen. Ich reinigte ihre Wunden, aus denen dicker, gelblicher Eiter quoll und ich versuchte ihnen Mut zuzusprechen. Als ich mir endlich eine kleine Pause gönnen konnte, dachte ich an meine Frau, die in einem Krankenhaus in der Innenstadt arbeitete. Ich wusste, dass sie tot war.“
Tränen quollen langsam seine Wangen herab und auch ich merkte, wie ich langsam mit den Tränen kämpfte. So etwas grausames hatte ich noch nie gehört. „Ich wusste, dass sie das nicht überleben hatte können. Ich fühlte mich so einsam, eine schwarze Trauer nahm mir die Luft zum Atmen. Ich hasste diese Momente, in denen ich mich nicht in die Arbeit stürzen konnte, in denen ich nicht der anderen Leid lindern konnte, um das meine zu vergessen. Noch viele Monate versorgte ich die Kranken in meinem Haus. Ein übler Geruch hatte sich festgesetzt, der Tod schien zu Besuch. Ich erlebte viele Tode mit, ich war wie paralysiert. Kleine Jungen und Mädchen, die wimmernd und kämpfend versuchten zu atmen, bis auch bei ihnen die Kraft nachließ und sie der Tod umarmte.
Am 15. August erklärte der Tenno, unser Kaiser, die bedingungslose Kapitulation im Radio. Und auch hörte ich, dass das Schicksal unserer Stadt auch noch Nagasaki heimgesucht hatte. Diese Bomben der Amerikaner hatten den Krieg beendet. Der Krieg war beendet, aber auf welche Weise! Ich kann bis heute nicht verstehen, wie jemand solch grässliche Waffen einsetzen konnte. Die Amerikaner hatten Frieden durch Gewalt gebracht. Ist das die richtige Lösung? Sie haben hunderttausende von Zivilisten getötet und Familien zerstört. Und auch an mir kann man die Folgen der Bombe erkennen. Schau mich an! Ich bin ein Monster ein Wrack, ein Schatten meiner selbst, wir werden abfällig Hibakusha genannt und keiner will etwas mit uns zu tun haben.“ Seine melancholische Stimmung war in Wut umgekehrt. „Deine Mutter ist die einzige, die mich nicht vergisst und die mich noch einlädt. Diese Treffen hier sind die einzigen Lichblicke in meinem tristen Leben. Denn seitdem meine Frau aufgehört hat zu sein, fühle auch ich, dass ich innerlich aufgefressen bin und mein Körper einfach nur noch funktioniert.“ Er hatte seine Geschichte beendet.
Eine Stille hatte sich über den Raum gelegt und jeder starrte Sakura-san an. Einige hatten bei seinen letzten Worten beschämt auf den Boden geblickt. Und ich kann bis heute dieses unglaubliche Verbrechen nicht verstehen.
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Montag, 4. Februar 2008
Der faule Geselle
Montag, 04. Februar 2008
Meine Konzentration schwindet und ich blicke aus dem Fenster. Gedankenverloren starre ich einfach in die Ferne. Es regnet und die Wellen peitschen gegen den Strand. Ein Mann, der seinen Hund ausführt, kämpft gegen den Sturm an, der ihn immer wieder zurückdrängt. Dem Hund scheint das Wetter nichts auszumachen, er tollt auch weiterhin durch die Dünen. Der Mann tut mir leid, trotzdem würde ich nicht mit ihm tauschen wollen, ich sitze lieber hier im Trockenen und Warmen. Auch wenn ich eigentlich arbeiten sollte, ich kann es nicht. Zu müde bin ich und zu sehr in den Bann gezogen von diesem Mann im Unwetter, dessen gelbe Regenjacke ein bunter Farbklecks in dieser trostlosen Welt ist. Die Wolken ziehen sich weiter zu, es wird noch dunkler und die See noch rauer. Der Hund ist verschwunden und der Mann stehen geblieben. Er blickt sich um, seinen Blick kann ich in der Ferne nicht erkennen. Wahrscheinlich hat er Angst, ist verzweifelt. Oder er ist wütend auf den Hund, wegen dem er in dieses Unwetter musste und der ihn jetzt zwingt noch länger darin auszuharren. Aber wahrscheinlich ist er eher besorgt. Der Hund ist sein bester Freund, nie könnte er böse sein auf diesen. Oder doch? Ich bin mir unsicher, kenne den Mann nicht und kann ihn so auch nicht einschätzen. Auch die gelbe Regenjacke gibt mir keinen Aufschluss über seinen Charakter. Außer vielleicht, dass er ein sehr positiver Mensch sein musste, wenn er so eine helle Farbe trug. Oder hatte er sich einfach irgendeine Jacke gegriffen und diese war zufällig gelb gewesen? Nein, das wäre ihm peinlich gewesen und er hätte sie zurückgelegt. Das hier musste ein positiver Mensch sein, der mit einem Lächeln durch die Welt ging. Dieses Lächeln jedoch dürfte keinen Lichtschein auf die Umgebung des Mannes werfen, da dies nun absolut unpassend wäre. Ich suche nun selbst die Umgebung nach einem hin- und herflitzenden Wollknäuel ab, werde jedoch nicht fündig. Langsam mache ich mir selbst Sorgen. Der arme Mann rennt ziellos über den Strand, etwas suchend, was so aussichtslos zu finden scheint. Bei diesem immer stärker zunehmenden Regen kann er ihn einfach nicht finden. Vielleicht ist er schon in den Wellen ertrunken? Nein, das glaube ich nicht. Auch wenn Katzen die intelligenteren Tiere sind, auch Hunde sind nicht völlig verblödet. Sie tun zwar wirklich alles, was man ihnen beibringt, aber fahrlässig in Todesgefahr begeben sie sich nicht. Und so kann ich mir nicht vorstellen, dass der Hund in die Nähe des tosenden Meeres gegangen war.
Mein Blick fällt auf die Teekanne, die neben meinem Monitor steht, der Beutel musste nun gut gezogen sein. Ich schenke mir den Tee in eine Tasse und gebe Milch und Zucker dazu. Der würzige Duft der Pfefferminze zieht mir in die Nase und für einen kurzen Moment schließe ich die Augen, um einfach nur zu genießen. Dann nehme ich den ersten Schluck und fühle diese behagliche Wärme in meinem Körper aufsteigen. Ach, wie ist es schön, hier drinnen zu sein. Mein Blick fällt wieder nach draußen und sofort nagt das schlechte Gewissen an mir. Ich sitze hier drinnen wohlbehütet und warm, während sich dort draußen ein armer Mann durch das Unwetter quält und seinen Hund sucht, der vielleicht sein einziger Freund war und ohne den er vielleicht in tiefe Depressionen fallen würde. Vielleicht ist es aber auch der Hund seiner Tochter, den er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte und über den sie so gestrahlt hatte. Käme er nun ohne diesen wieder nach Hause, würde sie wohlmöglich sehr traurig sein und der Mann konnte es nicht ertragen seine Tochter weinen zu sehen. Bei diesen Gedanken will ich schon aufstehen, mir meine Jacke überziehen, die Gummistiefel anziehen und mich auf den Weg machen, um ihm zu helfen. Aber dann blicke ich auf meine Teetasse, über der sich leichte Wasserdampfwolken kräuseln und dann hinaus aufs tobende Meer und auf die unzähligen Wassertropfen, die vom Himmel herabfielen. Ich bleibe einfach sitzen, weiterhin den armen Mann beobachtend. Ich fühle mich nicht gut dabei, aber hier ist es einfach zu behaglich.
Da! Nun sehe ich etwas schwarzes genau vor meinem Haus umherrennen, das muss ein Hund sein. Der Mann sieht ihn aber nicht und irrt weiter hinten am Strand umher. Sollte ich ihm mitteilen, dass der Hund hier war? Sollte ich ihm die Richtung zeigen? Aber dazu müsste ich das Fenster öffnen und die ganze Kälte würde hineinziehen. Und wohlmöglich würde mich der Mann gar nicht hören und mein Zimmer würde völlig umsonst auskühlen. Und so bleibe ich einfach sitzen.
Langsam muss ich auch weiter arbeiten und so konzentriere ich mich auf meinen Bildschirm.
Nach 15 Minuten wage ich meinen Blick erneut hinaus. Den Hund kann ich noch herumtollen sehen, den Mann nicht mehr. Aber was ist das? In den Wellen schwimmt eine gelbe Regenjacke, ich kann sie verschwommen erkennen.
Ich lehne mich zurück und nehme einen tiefen Schluck aus meiner Tasse.
Mein Blick fällt auf die Teekanne, die neben meinem Monitor steht, der Beutel musste nun gut gezogen sein. Ich schenke mir den Tee in eine Tasse und gebe Milch und Zucker dazu. Der würzige Duft der Pfefferminze zieht mir in die Nase und für einen kurzen Moment schließe ich die Augen, um einfach nur zu genießen. Dann nehme ich den ersten Schluck und fühle diese behagliche Wärme in meinem Körper aufsteigen. Ach, wie ist es schön, hier drinnen zu sein. Mein Blick fällt wieder nach draußen und sofort nagt das schlechte Gewissen an mir. Ich sitze hier drinnen wohlbehütet und warm, während sich dort draußen ein armer Mann durch das Unwetter quält und seinen Hund sucht, der vielleicht sein einziger Freund war und ohne den er vielleicht in tiefe Depressionen fallen würde. Vielleicht ist es aber auch der Hund seiner Tochter, den er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte und über den sie so gestrahlt hatte. Käme er nun ohne diesen wieder nach Hause, würde sie wohlmöglich sehr traurig sein und der Mann konnte es nicht ertragen seine Tochter weinen zu sehen. Bei diesen Gedanken will ich schon aufstehen, mir meine Jacke überziehen, die Gummistiefel anziehen und mich auf den Weg machen, um ihm zu helfen. Aber dann blicke ich auf meine Teetasse, über der sich leichte Wasserdampfwolken kräuseln und dann hinaus aufs tobende Meer und auf die unzähligen Wassertropfen, die vom Himmel herabfielen. Ich bleibe einfach sitzen, weiterhin den armen Mann beobachtend. Ich fühle mich nicht gut dabei, aber hier ist es einfach zu behaglich.
Da! Nun sehe ich etwas schwarzes genau vor meinem Haus umherrennen, das muss ein Hund sein. Der Mann sieht ihn aber nicht und irrt weiter hinten am Strand umher. Sollte ich ihm mitteilen, dass der Hund hier war? Sollte ich ihm die Richtung zeigen? Aber dazu müsste ich das Fenster öffnen und die ganze Kälte würde hineinziehen. Und wohlmöglich würde mich der Mann gar nicht hören und mein Zimmer würde völlig umsonst auskühlen. Und so bleibe ich einfach sitzen.
Langsam muss ich auch weiter arbeiten und so konzentriere ich mich auf meinen Bildschirm.
Nach 15 Minuten wage ich meinen Blick erneut hinaus. Den Hund kann ich noch herumtollen sehen, den Mann nicht mehr. Aber was ist das? In den Wellen schwimmt eine gelbe Regenjacke, ich kann sie verschwommen erkennen.
Ich lehne mich zurück und nehme einen tiefen Schluck aus meiner Tasse.
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Samstag, 26. Januar 2008
Der Fluss
Samstag, 26. Januar 2008
Ich blicke hinab in den Fluss. Stetig fließt das Wasser voran, über alle Hindernisse, über alle Hürden. Ich beobachte mein Spiegelbild und atme die frische Luft ein, die der Wind um meinen Körper weht. Eine sanfte Brise, die mich streichelt und mich ablenkt. Erneut fällt mein Blick auf den Fluss. Der ruhige Lauf hat sich in einen reißenden Bach verwandelt, der nun seine Hindernisse nicht mehr umfließt, sondern zerstört. Das Wasser ist dunkel, ich kann nicht mehr hindurchsehen. Es reißt alles mit, was sich ihm in den Weg stellt. Ich erblicke meine Hände, Falten ziehen sich über die Haut, ich altere spürbar im Strom der Zeit. Der Strom, der sich zu einem reisenden Bach entwickelte und immer mehr außer Kontrolle geriet. Der Pegel des Flusses steigt und ich drohe zu ertrinken. Hilflos stehe ich am Ufer und kann mich nicht fortbewegen. Das Wasser reicht mir nun bis zu den Knien. Es ist kalt und sofort beginne ich zu frieren. Mein Ende naht und ich stehe hier meines Todes bewusst. Tränen strömen meine Wange herab, die sich langsam mit dem Wasser des Flusses vermischen und plötzlich ist es ruhig. Die Stille legt sich um mich wie ein Tuch und wärmt mich. Ein letztes Mal blicke ich auf den Fluss. Doch dieser ist nun ausgetrocknet und wird langsam aber sicher vergessen werden.
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